auge-closeup

Inklusion in der IT: Zwischen Ausgleichsabgabe und authentischer Diversität

Christoph Rücker

Christoph Rücker

Social Media
Themen in diesem Blog

Digga, bist du behindert?

– eine Frage, die so in der Form oft als Beleidigung gemeint ist, aber längst ein Spiegelbild der Gesellschaft darstellt. Behindert sein: ein Begriff, der stigmatisiert, definiert und oft ausgrenzt. Meistens von denen, die nicht behindert sind. Aber was steckt wirklich dahinter? Wir leben in einer Zeit, in der Diversität gefeiert wird, aber wie weit reicht diese Feier?

Die Entscheidung darüber, welche Bezeichnung akzeptabel ist, liegt teilweise bei den betroffenen Menschen selbst und den Organisationen, die ihre Interessen vertreten. Viele setzen sich dafür ein, Sprache zu verwenden, die respektvoll und inklusiv ist und keine Vorurteile reproduziert.

Letztlich darf man "behindert" als Bezeichnung, solange es als sachliche Beschreibung genutzt wird und nicht als Abwertung. Ein guter Anfang ist es auch, den Menschen zu fragen, wie er oder sie bezeichnet werden möchte – denn das Recht auf Selbstbestimmung gilt auch in der Sprache.

Diversität - Echt Inklusion oder auch nur ein Buzzword?

Viele Unternehmen präsentieren sich als offen und inklusiv, doch wenn man genauer hinschaut, wird deutlich, dass der Fokus oft auf Gender und Herkunft liegt. Ein wirklich umfassendes Verständnis von Inklusion schließt jedoch auch Menschen mit Behinderungen ein.

Ein Beispiel: Während diverse Teams in der Kommunikation gefeiert werden, fehlt es oft an Barrierefreiheit in der Unternehmensstruktur – sei es durch nicht barrierefreie Büros oder digitale Plattformen. Echte Inklusion bedeutet, dass alle Menschen, unabhängig von ihren Fähigkeiten, wertgeschätzt und vollständig eingebunden werden.

Wer entscheidet eigentlich, wann genug Diversität erreicht ist? Und ist das überhaupt möglich? Eine inklusive Agentur müsste den Begriff neu denken: Kein „special needs“-Stempel, keine Sonderstellung, sondern eine Struktur, in der jeder seine Skills und Ideen gleichwertig einbringen kann. Klingt utopisch? Vielleicht. Aber genau diese Utopie ist es, die wir brauchen – und nicht nur als Marketingstrategie, sondern als echte, radikale Normalität.

Ein modernes Verständnis von Behinderungen am Arbeitsplatz

Auch wenn wir 2024 schreiben, gibt es immer noch einige Herausforderungen und Missverständnisse, die überwunden werden müssen. Dazu zählen nicht nur physische Barrieren, wie unzugängliche Gebäude oder digitale Plattformen, die nicht barrierefrei sind, sondern auch soziale Hürden. Vorurteile gegenüber Menschen mit Behinderungen oder Missverständnisse darüber, was echte Inklusion bedeutet, halten sich hartnäckig. Es geht darum, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass Inklusion nicht nur bedeutet, Menschen einzuladen, sondern sicherzustellen, dass sie aktiv und gleichberechtigt teilhaben können.

Es geht hier nicht nur um eine Haltung, sondern auch um gesetzliche Verpflichtungen, den Arbeitsplatz für alle zugänglich zu machen. Hier werfen wir einen Blick auf die wichtigsten Aspekte rund um das Thema Behinderungen am Arbeitsplatz, das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz 2025 und wie Unternehmen wie wir aktiv Inklusion fördern können.

Was gilt als Behinderung?

Der Begriff "Behinderung" ist ein verdammt breites Spektrum und umfasst körperliche, geistige und psychische Beeinträchtigungen. Eine Behinderung hast du, wenn du wegen einer körperlichen, seelischen, geistigen oder Sinnesbeeinträchtigung zusammen mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren nicht gleichberechtigt am Leben teilnehmen kannst. Es ist nicht nur Schwarz-Weiß, sondern eine bunte Palette an Herausforderungen, die das Leben so mit sich bringen kann.

Wer ist denn eigentlich gesund?

Man könnte nun viele Formen von Beeinträchtigungen und Erkrankungen aufzählen, die zu einem Grad der Behinderung (GdB) führen.
Ab einem GdB von 50 gelten Betroffene als schwerbehindert und können einen Schwerbehindertenausweis beantragen, der ihnen besondere Rechte und Unterstützung gewährt. In schweren Fällen kann der GdB sogar bis zu 100 betragen, abhängig von der Schwere der Beeinträchtigung und den Auswirkungen der Erkrankung auf den Betroffenen.

Statt von „Behinderungen“ im klassischen Sinne zu sprechen, könnte die Frage lauten: Was bedeutet eigentlich Gesundheit? Viele der genannten Beispiele – von chronischen Krankheiten bis zu psychischen Erkrankungen – zeigen, dass die Grenze zwischen gesund und beeinträchtigt oft fließend ist. So beeinflussen unsichtbare Beeinträchtigungen wie Depressionen oder chronische Schmerzen das tägliche Leben erheblich, auch wenn sie äußerlich nicht sofort erkennbar sind. Vielleicht sollten wir uns fragen, ob es überhaupt einen „normal gesunden“ Menschen gibt. Gesundheit ist individuell und dynamisch – was für den einen eine Einschränkung bedeutet, kann für den anderen Teil seines normalen Lebens sein. Die Frage ist also nicht nur, wer als „behindert“ gilt, sondern wie wir alle auf unterschiedliche Weise Unterstützung benötigen, um unser volles Potenzial auszuschöpfen.

Barrierefreiheit: Mehr als nur eine Rampe

Wenn du an Barrierefreiheit denkst, hast du wahrscheinlich Rampen und Aufzüge im Kopf. Aber, hey, es geht um so viel mehr. Barrierefreiheit bedeutet, dass alle Menschen – unabhängig von ihren körperlichen oder geistigen Fähigkeiten – gleichberechtigten Zugang zu allen Lebensbereichen haben. Das umfasst nicht nur die physische Umgebung, sondern auch digitale Arbeitsplätze und Kommunikationsmittel.

In der Softwareentwicklung bedeutet das zum Beispiel, dass Webseiten und Anwendungen so gestaltet sein müssen, dass sie von Menschen mit Sehbehinderungen genauso genutzt werden können wie von allen anderen. Screenreader-Kompatibilität, Tastaturnavigation und gut lesbare Schriftgrößen sind da nur der Anfang.

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz 2025: Ein Schritt in die richtige Richtung

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz 2025 ist ein echter Gamechanger auf dem Weg zu einer inklusiven Gesellschaft. Wir ignorieren mal, dass allein der Name schon ein echter Zungenbrecher und damit eigentlich das perfekte Beispiel für eine Barriere ist.

Es verpflichtet Unternehmen, ihre Dienstleistungen und Produkte barrierefrei zu gestalten. Das betrifft besonders die digitale Welt: Websites, Apps und andere digitale Plattformen müssen so entwickelt werden, dass sie für Menschen mit Behinderungen zugänglich sind.

Für uns als Softwareentwicklungsagentur heißt das, dass wir nicht nur unsere eigenen Tools und Plattformen entsprechend anpassen, sondern auch unsere Kunden dahingehend beraten und unterstützen. Barrierefreiheit muss von Anfang an mitgedacht und in den Entwicklungsprozess integriert werden.

Ausgleichsabgabe: Anreize für mehr Beschäftigung?

Hier mal Butter bei die Fische: Unternehmen, die die gesetzlich vorgeschriebene Quote von Schwerbehinderten nicht erfüllen, müssen die sogenannte Ausgleichsabgabe zahlen. Ja, das ist kein Scherz. Diese Abgabe soll Firmen dazu bringen, mehr Menschen mit Behinderungen einzustellen und so deren Integration in den Arbeitsmarkt zu fördern. Wer, wann und wie viel? Hier die Übersicht:

  • Wer muss zahlen? Unternehmen mit mindestens 20 Arbeitsplätzen.
  • Wann muss gezahlt werden? Jährlich, wenn die Beschäftigungsquote für Schwerbehinderte nicht erfüllt wird.
  • Wie viel muss gezahlt werden? Die Höhe der Abgabe richtet sich nach der Anzahl der unbesetzten Pflichtarbeitsplätze:
    • 140 Euro pro Monat und unbesetztem Pflichtarbeitsplatz (bei einer Quote von 3% bis unter 5%)
    • 220 Euro pro Monat und unbesetztem Pflichtarbeitsplatz (bei einer Quote von 2% bis unter 3%)
    • 360 Euro pro Monat und unbesetztem Pflichtarbeitsplatz (bei einer Quote unter 2%)
    • 720 Euro pro Monat, wenn keine Schwerbehinderten beschäftigt werden

Quote erfüllen – und was dann?

Mal ehrlich, der Begriff "Quote" hat irgendwie einen faden Beigeschmack, oder? Es fühlt sich nicht wirklich inklusiv und gleichberechtigt an, wenn man Menschen mit Behinderungen auf einen Prozentsatz von 5% reduziert. Es geht doch darum, echte Chancengleichheit zu schaffen, nicht nur einen bürokratischen Wert zu erfüllen.

Wenn du die Quote nicht ganz erfüllst, okay, da ist noch Luft nach oben. Aber anstatt es einfach hinzunehmen, frag dich: Was können wir tun, um mehr Menschen mit Behinderungen ins Unternehmen zu holen? Hier ein paar Ideen: Stellenausschreibungen auf inklusiven Plattformen wie myability.org posten, den Bewerbungsprozess barrierefrei gestalten und Schulungen für dein Team anbieten, um Vorurteile abzubauen und ein besseres Verständnis zu schaffen.

Und wenn du die Quote nicht im Ansatz erfüllst und den vollen Ausgleichsbetrag zahlst? Tja, das mag legal sein, aber moralisch? Das ist eine andere Frage. Indem du einfach nur zahlst, verpasst du die Chance, dein Team mit vielfältigen Talenten zu bereichern und einen echten Beitrag zur Inklusion zu leisten.

Es geht nicht nur darum, Vorschriften zu befolgen, sondern aktiv daran zu arbeiten, eine inklusive und gleichberechtigte Arbeitswelt zu schaffen. Denn das ist es, was wirklich zählt.

Wer oder was ist denn jetzt behindert?

Behinderungen werden oft erst dann sichtbar, wenn Menschen in einer Welt voller unsichtbarer Normen und Barrieren anecken. Diese Strukturen sind nicht für alle gemacht, aber ist das ein Fehler der Menschen oder der vorhandenen Strukturen? Wenn jemand an den bestehenden Regeln und Umgebungen scheitert, bedeutet das nicht, dass sie im „falschen“ System sind. Vielmehr zeigen diese Barrieren, wie starr und exkludierend unsere Umwelt oder Gesellschaft wirklich sind. Anstatt zu fragen, wer nicht ins Konzept passt, sollten wir hinterfragen, warum nicht alle inkludiert werden und welche Anpassungen nötig sind, um wirklich für alle da zu sein.

Vom Dilemma zur Lösung: Wie wir Inklusion in unserem Team vorantreiben

Lass mal Tacheles reden : Wir standen vor einem Dilemma, als wir beschlossen, uns inklusiver aufzustellen. Wir mussten uns eingestehen, dass wir so gut wie keine Erfahrung damit hatten. Die ersten Workshops waren eine echte Erleuchtung und haben sehr viele Missstände aufzeigen können.

Mittlerweile haben wir Schulungen eingeführt, um unser Team fit zu machen. Es hat sich herausgestellt, dass zum Beispiel unser Bewerbungsprozess von nicht behinderten Menschen für nicht behinderte Menschen gemacht wurde. Eine bittere Pille, die wir schlucken mussten. Wir haben erkannt, dass Behinderungen wie Sehstörungen, Hörprobleme oder Mobilitätseinschränkungen durchaus mit der Arbeit als Entwickler*in kompatibel sind, wenn man die richtigen Maßnahmen ergreift. Jetzt arbeiten wir daran, unseren gesamten Prozess inklusiver zu gestalten, vom ersten Bewerbungsgespräch bis hin zur täglichen Zusammenarbeit im Team.

Inklusion ist ein Lernprozess und kein leichter Weg, aber es ist absolut notwendig. Wir stehen noch am Anfang, aber wir sind entschlossen, diesen Weg weiterzugehen und aus unseren Fehlern zu lernen. Denn am Ende profitieren alle davon: Wir bekommen talentierte, motivierte Mitarbeiter, und Menschen mit Behinderungen erhalten die Chance, ihre Fähigkeiten voll einzubringen.

Mehr Sichtbarkeit durch die richtigen Jobportale

Für mehr Sichtbarkeit posten wir zum Beispiel unsere Jobangebote auch auf Plattformen wie myability.org. Diese Seite hat sich auf die Vermittlung von Arbeitsplätzen für Menschen mit Behinderungen spezialisiert. Das ist nicht nur zielgerichtete Ansprache, sondern auch handfeste Beratung und Unterstützung bei der Anpassung des Arbeitsplatzes. Kurz gesagt: Hier geht's zur Sache.

Fazit: Inklusion ist eine Win-Win-Situation

Lasst uns nochmal Klartext reden: Eine inklusive Unternehmenskultur ist ein Gewinn für alle. Sie fördert die Vielfalt im Team, steigert Kreativität und Produktivität und zeigt soziales Verantwortungsbewusstsein.

Die Haltung der Angestellten ist entscheidend, wenn es darum geht, Inklusion in einer Organisation nachhaltig zu verankern. Strukturelle Veränderungen allein reichen nicht aus – es ist ebenso wichtig, dass alle Mitarbeitenden eine offene und inklusive Denkweise entwickeln. Inklusion beginnt im Kopf: Es geht darum, bewusste und unbewusste Vorurteile abzubauen, Diversität als Bereicherung zu sehen und die Einzigartigkeit jedes Einzelnen wertzuschätzen.

Workshops und Schulungen sind ein erster Schritt, um Bewusstsein zu schaffen. Doch langfristig muss Inklusion Teil der alltäglichen Unternehmenskultur werden. Dies erfordert nicht nur die Bereitschaft zur Veränderung auf Führungsebene, sondern auch die Schärfung der inneren Haltung jedes Einzelnen. Nur wenn Mitarbeitende wirklich verstehen, wie wichtig Inklusion für den Zusammenhalt und den Erfolg des Teams ist, kann sie im Arbeitsalltag gelebt werden.Lasst uns gemeinsam daran arbeiten, dass Barrierefreiheit und Inklusion nicht nur Schlagworte bleiben, sondern gelebte Realität werden.

Gemeinsam schaffen wir eine Welt, in der jeder seinen Platz findet.

cookie button png